Thomas Kösling ist längst nicht nur Frankfurter Football Fans ein Begriff. Das Universe-Urgestein, das bis vor wenigen Jahren noch selbst als Linebacker auf Quarterback-Jagd ging, fungiert nun bereits im vierten Jahr als Defense Coordinator der „Men in Purple“ und stellt seit seinem Amtsantritt stets eine der gefürchtetsten Abwehrreihen der GFL und Europas. Auch in dieser Saison rangiert die Defense der Universe wieder an der Spitze der Statistiken, doch „Coach K“ versteht sich nur nicht als Coach, als Recruiter beweist er Jahr für Jahr ein Händchen was die Verpflichtung von nordamerikanischen oder europäischen Spitzenspielern angeht. Kösling ist einer der Eckpfeiler von Samsung Frankfurt Universe, ein Mann dessen Stimme im Verein und weit darüber hinaus Gehör findet. Wir haben mit „Coach K“ über die Entwicklung der „Men in Purple“, den Alltag in der Liga und seine Leidenschaft für Football gesprochen.
Thomas, du hast nun schon einige Jahre mit Universe auf dem Buckel, bist mit Mannschaft und Verein durch viele Höhen und Tiefen gegangen, als Spieler und nun als Coach. Wie beurteilst du die Entwicklung der Universe bis zum heutigen Tage und wohin kann oder sollte der Weg in der Zukunft führen?
Sportlich ist die Entwicklung die wir seit Gründung genommen haben sensationell. Man muss sich als Teil eines Prozesses verstehen, in dem viele Sachen wachsen müssen. Man muss Erfahrungen sammeln und da gehören vor allem Niederlagen oder auch mal das nicht Erreichen der Ziele dazu. Entscheidend ist, dass man aus den Fehlern und Erfahrungen lernt und das haben wir glaube ich immer getan. Der Weg ging und geht immer nach oben und wir können inzwischen mit Fug und Recht behaupten, dass wir zu den besten Teams Europas zählen.
Es hat leider wieder nicht sollen sein! Abermals haben uns die Unicorns mit zwei knappen Siegen den Titel im Süden weggeschnappt. Seit zwei Jahren hat man immer das Gefühl bereit zu sein, endlich den ersten Sieg und den Titel im Süden erringen zu können. Warum hat bisher doch immer ein Stück gefehlt um den letzten Schritt zu machen und warum gewinnen wir dieses Jahr trotzdem den German Bowl?
Es ist wie gesagt ein Prozess dem man vertrauen muss. Die Schritte zur Spitze werden natürlich immer kleiner je weiter man nach oben vordringt. Ich glaube aber schon, dass man auch in den Niederlagen gegen die beiden großen Teams aus Braunschweig und Hall gewisse Fortschritte zu den Spielen der vergangenen Jahre feststellen kann. Nehmen wir nur alleine die Braunschweig Spiele: Im Eurobowl 2017 wurden uns unsere Grenzen sehr stark aufgezeigt. Im Halbfinale 2017 waren wir nah an einem Comeback-Win dran und im diesjährigen Eurobowl haben wir sogar lange Zeit geführt.
Gegen Hall ist dieselbe Entwicklung zu beobachten. Natürlich stehen wir unter dem Strich mit leeren Händen da, aber ich weiß, dass wir irgendwann so ein Spiel gewinnen werden. Wir müssen weiter an uns arbeiten und als Teamweiter wachsen.
Ob wir den German Bowl dann gewinnen weiß ich nicht, da gehört auch immer etwas Glück dazu, aber ich kann sagen, wir gehen nicht mehr als Underdog in ein Spiel. Wir haben in den letzten Jahren viel Erfahrung gesammelt und gesehen, dass wir gegen jedes Team mithalten können. Am Ende kommt es auf die Kleinigkeiten in einem Spiel an. Wir gehören aber definitiv zu den Teams, die eine Chance haben und ich bin mir auch sicher, dass keiner der anderen Teams gerne gegen uns spielt.
Neben deinem Job als DC bist du auch der federführende Recruiter und somit verantwortlich für die Neuverpflichtungen. Was für Kriterien gibt es nach denen du potenzielle Kandidaten aussuchst und wo sind die Unterschiede im Scouting von nordamerikanischen und europäischen Profis?
Ausschlaggebend ist zunächst mal natürlich das Potential eines Spielers. Wenn man einen Import holt muss man davon überzeugt sein, dass er dem Team weiterhelfen kann. Man schaut viel Tape, versucht vor allem ganze Spiele zu bekommen und nicht nur die Highlights. Danach holt man Infos über den Spieler ein. Inzwischen kennt man doch einige Leute und irgendjemand hat mit dem Spieler gespielt, ihn gecoached oder wir haben selbst gegen ihn gespielt. Als letztes wird natürlich die Positionsstruktur im Kader beachtet, welche Position benötige ich, wo habe ich genug Tiefe im Kader. Unterschiede zwischen dem Scouting von Amerikanern und Europäern gibt es sportlich keine. Der Spieler muss uns weiterbringen. Der Pass spielt nur bei der Struktur und der Begrenzung eine Rolle.
Eine Frage zu einem heiklen Thema im deutschen Football: Wie attraktiv ist es, trotz der aktuell schwierigen Lage der deutschen Nationalmannschaft einmal einen Job im Coaching Staff des Nationalteams zu haben, im Fussball ist das wohl der Traum eines jeden Trainers?
Natürlich ist eine Nationalmannschaft egal in welchem Sport etwas Besonderes. Man darf sein Land vertreten und dazu noch mit den besten Spielern zusammenarbeiten. Man kommt mit anderen Coaches in Kontakt und lernt somit natürlich immer wieder neue Sachen dazu. Allein deswegen ist es glaube ich eine tolle Sache für jeden der das erleben darf. Ich gehe auch fest davon aus, dass es bald auch wieder eine deutsche Nationalmannschaft bei Internationalen Turnieren geben wird.
Letzte Frage: Wenn du dir jeweils einen Spieler aus den aktuellen Teams in Europa aussuchen dürftest dein Team zu verstärken?
Haha ich werde doch nicht meine Recruiting-Ziele für die kommende Saison ausplaudern. Da müsst ihr euch wohl noch etwas gedulden.